Kindern das Wort geben
Mit der Sprache erhalten Kinder den Schlüssel zur Welt. Sie können soziale Kontakte aufbauen, Wissen erfahren und weitergeben sowie ihre Gedanken und Gefühle ausdrücken. Vor allem der Aspekt des Kontaktaufbaus und damit die Entwicklung eines Soziallebens ist für Kinder wertvoll. Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen. Beeinträchtigungen in der Sprach-, Sprech- und Stimmentwicklung sowie Schluckstörungen frühzeitig zu erkennen und individuell zu behandeln, um Barrieren gar nicht erst entstehen zu lassen, ist eine Aufgabe, der wir uns mit viel Einfühlungsvermögen widmen. Wir sind erfahren und geschult in der Betreuung von Kindern, die sich in unserer hellen, geräumigen Praxis sehr wohlfühlen. Oft sind Eltern unsicher in Bezug auf die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder und wissen Warnsignale nicht richtig zu deuten. Die offene und verständliche Beratung sehen wir daher ebenfalls als wichtigen Aspekt der Logopädie.
Spracherwerb
Kinder erwerben Sprache stets unbewusst durch alltägliche soziale Kontakte mit Erwachsenen oder älteren Kindern. Nachfolgend fassen wir die Entwicklungsstufen kurz zusammen und geben einige Hinweise, worauf Eltern achten können und mit welchen Maßnahmen der Spacherwerb der Kinder gefördert wird, ohne sie zu überfordern. (Quelle: DBL)
Bis zum 06. Monat
- Sprachentwicklung: Das Baby reagiert auf Geräusche, es bewegt seine Augen oder seinen Kopf in die Richtung der Klangquelle. Es lallt, erzeugt Geräusche wie Brummen und Quietschen.
- Hinweis für Eltern: Sprechen Sie mit ihrem Baby ruhig und freundlich. Spielen, singen und lachen Sie mit ihm. Erzählen Sie ihm in einfachen Worten, was Sie gerade tun. Benennen Sie die Menschen und Dinge in seiner Umgebung sowie die Geräusche, die es hört.
- Lassen Sie sich beraten, wenn das Baby verstummt – insbesondere ab dem 6. Monat, es auf Geräusche nicht reagiert, es keinen Blickkontakt aufnimmt.
06. Monat bis zum 12. Monat
- Sprachentwicklung: Das Kind versteht einfache Aufträge. Es sagt Worte wie „Ball“, „ja“ und „nein“. Es reagiert auf seinen Namen.
- Hinweise für Eltern: „Spielen“ Sie mit Ihrer Stimme, denn Sprechmelodie hilft, Sprache besser zu verstehen. Wecken Sie bei Ihrem Kind die Freude an der Kommunikation. Fördern Sie jede Art der Verständigung (Lachen, Schauen, …etc.). Zeigen Sie ihm, wie vielfältig man (auch ohne Sprechen) kommunizieren kann.
- Lassen Sie sich beraten, wenn Ihr Kind keine ersten Worte spricht oder nur mit Gestik und Mimik zu kommunizieren versucht.
12. Monat bis zum 18. Monat
- Sprachentwicklung: Das Kind versteht einfache Sätze und Aufgaben. Es benennt bekannte Dinge. Der Wortschatz wächst.
- Hinweise für Eltern: Sprechen Sie in einfachen Sätzen ( nicht in „Babysprache“) mit Ihrem Kind. Schauen Sie sich mit Ihrem Kind geeignete Bücher an. Wenn Fernsehen, dann gemeinsam, um über Gesehenes sprechen zu können.
- Lassen Sie sich beraten, wenn sich die Sprache verschlechtert oder nicht mehr weiterentwickelt, ihr Kind aufhört zu sprechen.
18. Monat bis zum 24. Monat
- Sprachentwicklung: Das Kind versteht längere Sätze. Es sagt seinen Namen. Es bildet 2-3 Wortsätze.
- Hinweise für Eltern: Erweitern Sie seinen Wortschatz, indem Sie ihm neue Begriffe anbieten. Wiederholen Sie korrekt, was es sagt, ohne es aufzufordern, dies zu wiederholen (Bsp.: Kind “Ato da.“ Erwachsener: „ Ja, da fährt ein Bus.“) Üben Sie nicht mit Ihrem Kind!
- Lassen Sie sich beraten, wenn der Wortschatz des Kindes außer „Mama“ und „Papa“ nur wenige Wörter umfasst, das Kind meistens unverständlich spricht. das Kind keine 2-Wort-Sätze bildet („Mama da“), Sie das Gefühl haben, Ihr Kind versteht Sie nicht.
24. Monat bis zum 36. Monat
- Sprachentwicklung: Das Kind versteht ganze Geschichten. Es bildet Sätze. Es stellt Fragen.
- Hinweise für Eltern: Hören Sie Ihrem Kind aufmerksam zu. Helfen Sie ihm, seine Gedanken und Gefühle zu ordnen und auszudrücken. Ermutigen Sie es, Schnuller und das Nuckeln aufzugeben.
- Lassen Sie sich beraten, wenn das Kind für Fremde unverständlich spricht, es wenige Tätigkeitswörter, keine Artikel oder Eigenschaftswörter (z.B. dick) benutzt, es noch nicht beginnt, die Mehrzahl zu bilden, es noch keine einfachen Sätze bildet.
36. Monat bis zum 48. Monat
Von 36. Monat bis zum 48. Monat
- Sprachentwicklung: Das Kind kann Sätze wie Erwachsene bilden.
- Hinweise für Eltern: Lesen Sie Geschichten vor. Wechseln Sie sich mit dem Kind beim Erzählen ab.
- Lassen Sie sich beraten, wenn es dem Kind schwer fällt, Sätze zu bilden, es grammatikalisch falsche Sätze bildet, es nicht immer verständlich spricht, es einfache Inhalte nicht wiedergeben kann.
Aussprachestörungen
Einige Kinder zeigen geringe Schwierigkeiten bei der Bildung eines Lauts, während andere Kinder fast unverständlich für ihre Umgebung sind. Kinder mit Aussprachestörungen stellen keine einheitliche Gruppe dar. Da die Symptome und Ursachen sehr verschieden sind, unterscheiden sich auch die Therapien, die individuell auf die Kinder zugeschnitten werden. Welche Formen von Aussprachestörungen es gibt, erläutern wir im Folgenden.
Phonetische Störungen
Bei phonetischen Störungen ist die motorische Musterbildung betroffen. Das Kind kann den Ziellaut nicht oder nicht korrekt bilden. Ein Beispiel ist der Sigmatismus (Lispeln). Häufig steht dies in Verbindung mit einer myofunktionellen Störung.
Phonologische Störungen
Verbale Entwicklungsdyspraxie
Rhinolalie
Dysarthrie
Sprachentwicklungsstörungen
Unter einer Sprachentwicklungsstörung (SSES) versteht man eine zeitlich und inhaltlich nicht altersentsprechende Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes. Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung profitieren nicht von einer allgemeinen Sprachförderung. Unsere genau zugeschnittenen Therapiemaßnahmen können jedoch erfolgreich mit Kindergärten und Schulen abgestimmt werden. Im Folgenden stellen wir Ihnen die verschiedenen Sprachentwicklungsstörungen vor.
Wortschatz
Symptome/Störungen beim Erwerb des Wortschatzes können auftreten in Form von:
-
eingeschränktem passiven Wortschatz (eingeschränktes Wort- Sprachverständnis)
- eingeschränktem aktiven Wortschatz (reduzierte Ausdrucksfähigkeit)
- geringem Bedeutungswissen (unvollständiges inhaltliches Wissen zu den Wörtern)
-
Fehlern in der Wortauswahl (Hemd statt Pullover)
-
geringer Lexikonorganisation (Fehlen von semantischen Relationen und Kategorien, z.B. Hund und Katze zum Oberbegriff Haustiere)
-
Schwierigkeiten beim Wortabruf, z.B. kann das Kind den Begriff „Elefant“ in einer Erzählsituation über den Zoo mal spontan abrufen und mal nicht.
Grammatik
Mögliche Symptome für eine syntaktisch-morphologisch Störung:
- eingeschränktes Sprachverständnis für grammatische Strukturen, z.B. „Nachdem du die Stiefel ausgezogen hast, kommst du ins Haus.“ Kind kommt mit Stiefel ins Haus und zieht diese dort aus. Es hat die im Satz gekennzeichnete zeitliche Abfolge nicht verstanden.
- verkürzte Satzbildung. Eine Satzaussage wird durch eine Einwortäußerung ausgedrückt, z.B. „Mama?“ statt „Wo ist Mama?“
- Umstellungen („Papa lange Bart hat“).
- Auslassung wichtiger Satzteile, so dass die Aussage für den Zuhörer schwer oder gar nicht zu erschließen ist, z.B. „Der“, „das da“
- fehlerhafter Verbflexionen, z.B. „Der Mann fahrt Auto“.
- fehlerhafter Pluralmarkierungen, z.B. „Vogels“ statt „Vögel“
- keine oder falsche Bildung von Kasusmarkierungen (Fälle), z.B. „Der Hund frisst der Knochen.“
Kommunikation/Pragmatik
Kommunikation ist der Austausch oder die Übertragung von Informationen, die auf verschiedenen Arten (verbal, nonverbal) oder verschiedenen Wegen (Sprechen, Schreiben) stattfinden kann. Dazu benötigen wir die Fähigkeit, sprachliche Zeichen wie Laute, Wörter oder Sätze und nicht-sprachliche Zeichen wie Gestik und Mimik so zu vermitteln und zu verstehen, wie es die jeweilige Situation erfordert. Diese Lehre von der kontextbezogenen Sprache wird als „Pragmatik“ bezeichnet. Kinder entwickeln diese pragmatischen Fähigkeiten von Geburt an immer weiter. Sie lernen, Gespräche zu führen oder zu initiieren. Sie können Fragen oder Forderungen stellen, auf Fragen antworten und Missverständnisse klären. Sie sind in der Lage, sich auf unterschiedliche Personen und Situationen einzustellen und entsprechend zu reagieren.
Mögliche Symptome für eine pragmatisch-kommunikative Störung:
- Fehlen des Turn-Takings (abwechselndes Sprechen)
- geringer Blickkontakt
- reduzierte Gestik und Mimik
- häufige Echolalien (Nachsprechen)
- mangelnde Fähigkeit, den Gegenüber als Person mit eigenen Gedanken und Gefühlen zu erkennen
- geringes Interesse an einer Kontaktaufnahme bzw. eines Gespräches
Stimmstörungen
Die Stimmentwicklung des Kindes beginnt mit dem ersten Schrei des Neugeborenen und entwickelt sich nach und nach. Die für die Stimme nötigen Feineinstellungen muss das Kind erst erlernen. Dieser Prozess ist anfällig für Störungen durch äußere (z.B. hoher Lärmpegel) und innere (z.B. emotionale) Einflüsse. Nachfolgend erfahren Sie, welche Stimmstörungen bei Kindern und Jugendlichen zu beobachten sind.
Stimmstörungen
Mögliche Symptome einer Stimmstörung:
- tiefere/ höhere Stimme als Kinder gleichen Alters
- schrille, kreischende Stimme
- zu leise, zu laut
- tonlos, flüsternd, aussetzend
- gepresst, angestrengt
- häufiges Husten,Räuspern
Näseln
Es wird unterschieden zwischen:
- Rhinophonia clausa: geschlossenes Näseln (verschnupfter Stimmklang) insbesondere bei den Nasallauten /m/, /n/ und /ng/
- Rhinophonia aperta: offenes Näseln (Luft entweicht durch die Nase) insbesondere bei den Verschlusslauten /p/, /b/, /t/, /d/, /k/ und /g/
Dysphagien
Folgen einer Dysphagie können sein:
- Mangelernährung oder Dehydratation (Austrocknung)
- Ersticken
- Erkrankungen der Mundschleimhaut
- Fieber, Bronchitiden (Lungenentzündung)
- eingeschränkte Erfahrungen im Mundbereich
- Nahrungsverweigerung
Die Nahrungsverweigerung ist als Ausdruck einer frühen Störung der Mutter-Kind-Beziehung zu sehen und wird als Fütterstörung bezeichnet. Diese kann aber auch isoliert, ohne eine organisch-funktionelle Störung auftreten.
Myofunktionelle Störungen
Mögliche Symptome einer myofunktionellen Störung:
- offene Mundhaltung
- Gesichtsmuskulatur wenig ausgeprägt
- Unterlippe verdickt, nach außen gerollt, gerötet, nass
- Oberlippe verkürzt, hochgezogen
- Zunge liegt in Ruhe an bis zwischen den Zähnen
- Zunge kommt beim Schlucken bis zwischen die Zähne
- Aussprachefehler häufig bei /sch/, /s/ bis hin zu Lauten am Zahndamm wie z.B. /l/
Lutschgewohnheiten (Daumen, Schnuller) wirken sich negativ auf die Gesichtsmuskulatur und die Zahn- und Kieferstellung aus. Aber auch als Folge von myofunktionellen Störungen können Zahn- und Kieferfehlstellungen, Kiefergelenksprobleme und Kopfschmerzen auftreten. Diese Störung betrifft sowohl Kinder und Jugendlichen als auch Erwachsene. Die Behandlung findet in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Kieferorthopäden oder dem Zahnarzt statt.
Stottern
Mögliche Symptome des Stotterns:
- Wiederholen von Lauten, Silben und Wörtern („Dadada … wohne ich.“)
- Dehnen von Lauten, Silben und Wörtern („Daaaaa … wohne ich.“)
- Blockierungen, stecken bleiben in Lauten, Silben und Wörtern („D…d…da wohne ich.“)
- Atem-Fehlkoordination
Begleitsymptome können sein:
- Sprechängste
- Vermeide- und Frustrationsverhalten
- Mitbewegungen des Körpers
- Störungsbewusstsein
Poltern
Mögliche Symptome des Polterns:
- Überhastetes, unregelmäßiges Sprechtempo
- Auslassungen, Verschmelzungen von Lauten, Silben und Wörtern
- Veränderungen bei der Aussprache von Lauten
- Wortfindungsstörungen, Wortumschreibungen
- vermehrte Füllwörter wie „äh“, „ähm“
- Auslassungen, Umstellungen und Abbrüche von Satzteilen
- Störungen in der kommunikativen Pragmatik wie z.B. im Zuhörverhalten, Unterbrechen des Gesprächspartners, unstrukturierte und unklare Erzählinhalte
- Ausatmung und Stimme sind nicht im Einklang mit der Aussprache
- teilweise Auffälligkeiten in der allgemeinen Informationsverarbeitung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit
Hörstörungen
Hörstörungen können sowohl das Hörvermögen als auch die Hörverarbeitung (auditive Wahrnehmung) beinhalten.
Kindliche Hörstörungen
Symptome für eine kindliche Hörstörung:
- Kind reagiert nicht immer auf Ansprache
- es reagiert oft mit „Wie?“ oder “Was?“
- die Sprachentwicklung ist verzögert
- das Kind stellt Medien (Radio, TV, CD Spieler, etc.) durchgehend sehr laut ein.
- das Kind kann Geräusche einem Objekt nicht zuordnen
Auditive Wahrnehmung
Symptome für eine Störung der auditiven Wahrnehmung sind:
- Geräuschüberempfindlichkeit
- Laut sein oder Hören lauter Musik
- mangelhaftes Sprachverständnis bei lauten Hintergrundgeräuschen
- fehlende Aufmerksamkeit auf das Hören
- Schwierigkeiten, sich Zahlen- oder Wortreihen zu merken
Lese-Rechtschreibstörung
Eine Lese-Rechtschreib-Störung ist eine Lernstörung, welche sowohl das Lesen als auch das Schreiben betreffen kann. Die auditive Wahrnehmung und phonologische Bewusstheit bilden die Grundlage für den Schriftspracherwerb, welcher für den schulischen Werdegang von zentraler Bedeutung ist.
Phonologisches Bewusstheit
Mögliche Symptome einer eingeschränkten phonologisches Bewusstheit:
- verspäteter Sprechbeginn
- Sprachentwicklungsverzögerung
- Störung in der Aussprache und der Grammatik
- mangelndes Rhythmusgefühl und veränderte Sprechmelodie
Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
Mögliche Symptome einer LRS: Lesen
- häufige Fehler beim lauten Lesen, Wörter werden erraten
- langsames, stockendes und insgesamt mühsames Erlesen von Wörtern
- Probleme bei der Verschmelzung von Einzellauten zu Wörtern
- Probleme beim Unterscheiden ähnlicher Buchstaben z.B. d/b
- Schwierigkeiten bei der Sinnentnahme (Textverständnis)
- Das Kind lernt Texte auswendig (wird oft nicht bemerkt)
Schreiben
- Zahlreiche Fehler beim Abschreiben, in Diktaten oder Aufsätzen
- Verwechslung visuell ähnlicher Buchstaben (z.B.: „din” statt „bin”)
- ähnlich klingende Laute werden verwechselt (z.B.: „krau” statt „grau”)
- Auslassung von Buchstaben (z.B.: „Apfe” statt „Apfel”)
- Auslassung von Wortteilen (z.B.: „Fernseh” statt „Fernsehzeitung”)
- Vertauschung der Buchstabenfolge (z.B.: vretene/ statt „verstehen)
- Häufige Fehler bei den Rechtschreibregeln wie Groß- und Kleinschreibung, Doppelkonsonanten, Dehnungs-„h“
Die LRS-Therapie als solche ist keine verordnungsfähige Kassenleistung. In bestimmten Fällen ist eine Förderung durch das Jugendamt möglich. Eine Nachhilfe ersetzt keine zielgerichtete Therapie. Bei der Suche nach geeigneter Unterstützung beraten wir Sie gerne.